Über tausend Menschen fordern #KeinSchlussstrich und Aufklärung in Hamburg!

Am vergangenen Mittwoch den 11. Juli 2018 wurde nach über 5 Jahren Prozess das Urteil gegen die Mitglieder und Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gesprochen. Anders als erwartet blieb das Strafmaß hinter den Forderungen des Bundesanwaltschaft zurück und führt die These des isolierten NSU-Trios fort. "Dieses Urteil ist ein Schlag ins Gesicht für die Angehörigen der vom NSU Ermordeten und die Überlebenden des NSU-Terrors", kommentierte das antifaschistische Bündnis und Recherche-Netzwerk NSU-Watch, die den Prozess seit Beginn dokumentierten.

Die Nebenkläger_innen und ihre Anwält_innen

"sind nicht nur enttäuscht, sondern auch wütend über das Urteil. Nicht nur, weil die Angeklagten Eminger und Wohlleben deutlich niedrigere Strafen erhalten haben, als es die Bundesanwaltschaft gefordert hatte. Viel schlimmer ist für die Nebenkläger*innen, dass das Urteil ein Schlussstrich sein will. Das Gericht stellt den NSU als abgeschottetes Trio dar, das bereits vor dem Untertauchen seine Entscheidungen alleine traf. Es spricht auch die Ermittlungsbehörden davon frei, dass sie Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe nach deren Untertauchen hätten finden können und müssen. Den Verfassungsschutz und die strukturell rassistischen Ermittlungen zu Lasten der Angehörigen der Opfer erwähnt es gar nicht." (siehe Presseerklärung)

Bundesweit demonstrierten am Abend des 11. Juli tausende Menschen unter dem Motto Kein Schlussstrich und forderten die weitere Aufklärung und Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex, rechten Terror und Rassismus in Deutschland. In Hamburg fanden sich ab 18 Uhr hunderte Menschen am Alma-Wartenberg-Platz in Altona ein. Schwerpunkt unserer Auftaktkundgebung war es die Stimmen, Geschichten und Perspektiven der Überlebenden und Betroffenen der NSU-Taten hörbar zu machen und in den Mittelpunkt der Veranstaltung zu rücken. Ebenfalls wurden Grußwörter von anderen Überlebenden und Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt verlesen und verschiedene Initiativen thematisierten die Kontinuitäten rassistischer Gewalt in Deutschland. Eine Dokumentation einzelner Beiträge erfolgt demnächst auf unserer Seite. Im Laufe der Kundgebung versammelten sich bis zu 1000 Menschen.

Gegen 19:30 Uhr begann die gemeinsame Demonstration durch die Bahrenfelder Straße zur Taşköprü-Straße. Die Kritik aus der Familie an der offiziellen Umbennung eines Teilstücks der Kohlentwiete in Taşköprü-Straße anstelle der Schützenstraße wurde an dieser Stelle thematisiert.Über die Stresemannstraße bog die Demonstration in die Schützenstraße ein und hielt schließlich vor dem ehemaligen Geschäft Süleyman Taşköprüs an. Neben dem städtischen Gedenkort findet sich hier auch ein Gedenkort der Familie, an dem eine Schweigeminute für Süleyman Taşköprü abgehalten wurde. Die Route der Demonstration war bewusst gewählt, um die unterschiedlichen Orte und Straßen auf die Demonstrierenden wirken zulassen. Der Kontrast zwischen der umbenannten Taşköprü-Straße, in der bis heute nur Unternehmen ihre Büros und Geschäftsadressen haben, und der belebten und bewohnten Schützenstraße war deutlich erfahrbar. Vor dem ehemaligen Geschäft wurde auch auf die Frage hingewiesen, wer diesen Laden ausgewählt habe.

Anschließend an die Zwischenkundgebung zog die Demonstration wieder ins Zentrum von Altona und endete nach einer Live-Schaltung nach München mit einer Abschlusskundgebung um 21 Uhr auf dem Spritzenplatz. Mit zwischenzeitlich 1200 Teilnehmer_innen übertraf dies die Erwartungen unserer Initiative. Mit dieser Demonstration drückten zahlreiche Menschen ihre Solidarität mit den Überlebenden und Betroffenen der NSU-Taten aus und setzten ein Zeichen gegen den Versuch mit dem Urteil in München einen Schlussstrich zu ziehen. Es gilt weiterhin die Forderungen und Perspektiven der Überlebenden und Betroffenen rassistischer Gewalt in den Vordergrund zu stellen und hinsichtlich des Mordes an Süleyman Taşköprü gemeinsam Aufklärung zu fordern.

 

Wir bedanken uns bei Allen, die dies möglich gemacht haben und hoffen uns am kommenden Samstag den 14. Juli 2018 wieder zu sehen. Denn ab 14 Uhr demonstrieren wir erneut unter dem Motto "Kein Schlussstrich nach dem NSU-Prozess" zusammen mit dem Hamburger Bündnis gegen Rechts durch die Hamburger Innenstadt, damit es endlich einen Aufschrei in Hamburg gibt!